Ein Reitpferd!

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Nachdem die Hürde des ersten Rittes so erfolgreich genommen ist, möchte ich Fiete nun wieder an ein regelmäßiges Dasein als Reitpferd gewöhnen. Natürlich darf hierbei die Basisarbeit niemals zu kurz kommen – er wird weiter am Bodyformer gearbeitet, er darf weiterhin freispringen, spazierengehen, Pferd sein.

Eine niedliche Szene spielte sich gestern bei bestem nordfriesischen Wetter ab. Durch die zweistelligen Temperaturen scheinen direkt die Frühlingsgefühle zu erwachen. Ohne Decken, dafür mit absoluter Freude, starteten unsere fünf Chaoten eine wilde Jagd über die Weide. Bocksprünge, Steigmanöver, beachtliche Trabverstärkungen – alles begleitet von begeistertem Quietschen und purer Lebensfreude.

Wenn ich Zeuge eines solchen Schauspieles sein darf, stellt sich bei mir immer ein Gefühl des Glücks ein. Es ist längst nicht nur die gut gelungene Traversale oder der schöne fliegende Wechsel, der mich antreibt. Viel mehr ist das der schöne Benefit für all die Arbeit an der Basis. Ein ebensolcher Benefit sind aber auch solche wilden Verfolgungsjagden der sich bestens verstehenden Pferdebande.

Damit dieses Gesamtpaket stimmt, möchte ich Fiete aber eben auch zeigen, wie nett das Leben als Reitpferd sein kann. Den Anfang macht hier schon das friedliche Aufsteigen:

Mensch mit Pferd auf Pferdekoppel

Es ist leicht zu sehen, dass die Bezeichnung ‚friedlich‘ hier vielleicht auf mich zutrifft – auf Fiete allerdings (noch) nicht. Ich rechne ihm hoch an, dass er trotz seiner Skepsis eher Modell ‚deutsche Eiche‘ und nicht ‚rasendes Selbstmordkommando‘ ist. Die hohe Grundspannung ist aber nicht zu leugnen. Trotzdem versuche ich, mit durchhängendem Zügel und ohne große Spannung meinerseits aufzusteigen. Es soll normal werden. Hilfreich ist hierbei ein Leckerli:

Mensch mit Pferd auf Pferdekoppel

Sofort wandern die Öhrchen nach vorn und Fiete detonisiert die Unterhalsstrukturen. Gleichzeitig wirkt über die Mechanik des Kauens mehr der Parasympathicus, denn der Sympathicus (ihr erinnert Euch, der Teil des vegetativen Nervensystems, der grob für ‚Flucht‘ zuständig ist) ein. Fiete kann entspannen.

Mensch mit Pferd auf Pferdekoppel

Auch im Schritt erntet Fiete meinen nächsten Vertrauensvorschuss. Der Zügel ist lang, er darf gelassen zum Schreiten kommen. Gelingt dies gut, frage ich durch einzügeliges Stellen die Nachgiebigkeit des Halses ab. Danach beginne ich mit ersten Aufforderungen des Weichens, den Schenkelgehorsam zu überprüfen und zu verfeinern.

Mensch mit Pferd auf Pferdekoppel

Das selbe Bild im Trab. Oberste Priorität hat, dass Fiete durch ein nicht übereiltes Grundtempo und meine (hoffentlich) feine Einwirkung von hinten nach vorne an das Gebiss herantreten kann. Der Rücken soll sichtbar schwingen. Durch zahlreiche Übergänge versuche ich, ihn auch hier reaktiv (und nicht wie von ihm im Vorfeld als Ausweg gewählt klemmig) am Schenkel zu bekommen.

Mensch mit Pferd auf Pferdekoppel

Noch galoppiere ich Fiete vorrangig im leichten Sitz, so dass er die Chance hat, sein eigenes Gleichgewicht zu finden. Hilfreich sind hier derzeit noch große Linien. Ich frage immer wieder Trab-Galopp Übergänge ab – die angesprochene Schenkelreaktivität.

Im Prinzip arbeite ich Fiete derzeit also wie eine Remonte, kombiniert mit Teilen des Bodyforming Reitens. Gleichzeitig hätte er durch mein offenes Vorgehen eigentlich jederzeit die Möglichkeit, sich meiner Person zu entledigen. Tut er aber nicht. Im Gegenteil habe ich eher den Eindruck, dass er immer weiter entspannt und in kurzen Phasen bereits wieder Spaß an der gemeinsamen Arbeit findet.

Vielleicht ist es mal wieder die alte Leier – aber ich bin stolz auf ihn. Nach so kurzer Zeit schon solche Fortschritte gemacht zu haben, ist nicht selbstverständlich.

Veröffentlicht am: 18.02.2019